Ich musste gerade zweimal auf das aktuelle Datum schauen, denn ich konnte nicht glauben, dass wir bereits eine Woche in unserem schönen Bungalow am Mekong wohnen. Unser Familienleben hat sich mittlerweile eingespielt und die Kinder können gut schlafen, was uns auch wieder etwas Freizeit am Abend gibt.
Die Kunst des Entschleunigens
Ansonsten lassen wir unsere Tage ruhig angehen. Wir frühstücken gemeinsam, dann geht Talika meist zu den Kindern in der Gegend und spielt oder trägt Hundewelpen rum. Isaiah macht recht zuverlässig ein bis zwei Stündchen Mittagsschlaf, währenddessen wir Wäsche waschen, aufräumen und auch am Blog arbeiten. Danach gibt’s was zum Mittag und am frühen Abend machen wir uns zu Fuß auf, den Sonnenuntergang auf der fast 100 Jahre alten Brücke zwischen Don Det und Don Kon anzusehen. Dann gibt’s Abendbrot. Sobald die Kinder schlafen, gehen wir nochmal zum Restaurant und sitzen mit Lutz und einigen Stammgästen gemütlich zusammen. Also durch und durch entschleunigte Tage, die die Batterien wieder auffüllen.
Nebenbei versuchen wir, die Familie und das Leben auf der Insel besser kennenzulernen.
Alte Kolonialbrücke zwischen Don Kon und Don Det Spielzeit Köhlerin Wäscheroutine Hier ist Schlemmen angesagt Mädchen in Schuluniform Wasserbüffel beim Baden Hühnersichere Kräuterhochbeete Hühnerkäfig bei Abendlicht
Manchmal ist der Mekong zum Kotzen
Das normale Verbrauchswasser aus dem Hahn wird auf der ganzen Insel aus dem Mekong gepumpt. Auf Reisen bleibt es nicht aus, dass der Körper bestimmte Keime und Erreger nicht gewöhnt ist und man krank wird. Obwohl ich dieses Mal darauf geachtet habe, dass wir auch zum Zähneputzen Trinkwasser benutzen, um uns nichts einzufangen, hat´s mich erwischt.. Es ging schon nachts los und hat mich für fast zwei Tage lahmgelegt – Brechdurchfall. Mit sowas muss man hier rechnen. Wir Erwachsenen stehen es einfach durch, für die Kinder haben wir notfalls Elektrolyte mit. Allerdings hatte Talika bisher immer Glück und war nicht betroffen. Isaiah auch nicht. Und auch bei mir warˋs halb so schlimm, ich habe den ganzen Tag geschlafen und mich am nächsten Tag noch geschont. Manche Leute haben Angst davor, sich sowas einzufangen, sodass sie nicht an Straßenständen essen oder sich häufig die Hände desinfizieren. Meine Erfahrung sagt eher, dass man es sich einfängt oder nicht, dass das aber wenig von der eigenen Vorsicht abhängt. Jeder, der Kinder in Schule oder Kindergarten hat, kann das wohl bestätigen.
„Tata“
Wer Talika kennt, weiß dass sie ein aufgeschlossenes, stürmisches und heiteres Mädchen ist. Sie geht auf die Leute zu und ist ein echter Icebreaker. Auch hier hat sie die Herzen im Sturm erobert. Für die Kinder ist sie eine willkommene Spielkameradin. Hier wird sie „Tata“ genannt, da „Talika“ einfach zu schwer auszusprechen ist.
Die Kinder der Insel sind – wie es bei uns wohl auch in ländlichen Regionen ist – die meiste Zeit des Tages alleine unterwegs und spielen. Die klassische Familie hier hat noch viele Kinder. Auf Don Det gibt’s eine Grundschule, auf der Nachbarinsel eine Mittelschule. Jeden Morgen und jeden Nachmittag sieht man die Kinder, die hier alle Schuluniformen tragen, Richtung Don Khon pilgern. Zu Fuß, mit dem Fahrrad, mit Fährbooten oder auf dem Motorroller. Die Inseln sind so weit weg von der Regierung, dass es keinen stört, wenn schon 12jährige Moped fahren. Das ist hier normal.
Bildung ist alles
Lutz, der Chef unseres Guesthouses „Mama Leuah“, hat uns erzählt, dass diese Schulen leider nicht besonders gut sind. Wenn man seinem Kind also eine gute Schulausbildung oder eine weiterführende Schule ermöglichen möchte, so ist das nur in der Provinzhauptstadt Pakse möglich. Hier gibt es eine internationale Privatschule, die allerdings monatlich 300$ Schulgeld kostet. Das ist hier wirklich viel Geld, was die Hürde hoch legt, den Kindern gute Bildung zu ermöglichen. Traditionell sind die Laoten (Reis-)Bauern, Fischer oder Viehzüchter. Die Alphabetisierungsrate ist niedrig, oft wird schon die Grundschule abgebrochen, um auf den Feldern zu arbeiten und etwas zum Lebensunterhalt der Familie beizutragen. Zudem sind weiterführende Schulen kostenpflichtig. Einige Kinder der Insel sind dennoch in Pakse, um zu lernen. Sie sind in der Schulzeit bei Verwandten untergebracht, so dass die Kosten nicht noch höher sind. Nur in den Ferien kommen sie zurück zu ihrer Familie.
Gesundheit über alles
Eine konkrete Auswirkung der mangelnden Bildung ist in fast jedem Kindergesicht zu erkennen: schwarze Kariesflecken auf den Zähnen. Bei den Erwachsenen und Älteren fehlen dann Einige. Die Gesundheitsbildung und -system sind in Laos wirklich schlecht. Außerdem sind Behandlungen kostenpflichtig, ebenso wie Medikamente. Das Hospital der Nachbarinsel wirkt runtergekommen und rudimentär – meist gibt es einfach eine Antibiotikaspritze. Die Notfallversorgung ist nur in den großen Städten gewährleistet – wenn überhaupt. Das deshalb viele Laoten für planbare Eingriffe oder die Fürsorge ins benachbarte Thailand fahren, hatte ich schon in einem früheren Beitrag erwähnt. Bei solchen Aussichten wirken die deutschen Sorgen um überfüllte Arztpraxen und lange Wartezeiten bei einem Facharzt lächerlich klein.
Einfach mal treiben lassen
Seit ein paar Tagen ist auch ein Freund aus Berlin zu Besuch. Talika mag ihn sehr und verbringt gerne ihre Zeit bei ihm. Besonders gefällt ihr seine Lieblingsbeschäftigung am Mekong: Tuben. Dazu muss man nur an die nördliche Spitze der Insel laufen, sich einen LKW-Schlauch ausleihen, ihn zu Wasser lassen und dann: treiben lassen. Etwa eine Stunde lang dauert es, bis man dann wieder bei „Mama Leuah“ angekommen ist.
Mobil machen
Um uns die Nachbarinsel anzuschauen, leihen wir uns Räder aus. Isaiah fährt in der Babytrage mit, Talika auf dem Gepäckträger. In Deutschland wäre mir das ja echt nix, aber da hier höchstens ein paar Motorräder fahren und man durch den sandigen Boden langsam fahren muss, ist es nicht gefährlich. Es ist toll, da wir so doch deutlich schneller vorwärts kommen und nun auch mal spontan zum Sonnenuntergang auf die andere Seite der Insel fahren können.
Momentan ist aber wenig los auf den Inseln. Wir treffen kaum Touristen auf unseren Touren durch die momentan staubtrockenen Reisfelder, was wir sehr genießen.
Inselausflug mit dem Drahtesel Pause am Wasserfall Die alte Schule im kolonialen Stil Die Kinder haben Annikas Piercings entdeckt Powernap auf dem Fahrrad
Don Khon
Auf unsere Nachbarinsel gibt es ein paar beeindruckende Wasserfälle anzusehen und schöne Strände zu entdecken. Man muss sich nur über die dahin führenden Brücken laotischer Bauweise trauen.
Außerdem kann man sich Überbleibsel der Kolonialzeit ansehen, als diese Gegend als Umschlagplatz für Waren genutzt wurde. Die Franzosen hatten die Hoffnung, den Mekong als Handelsweg zwischen Vietnam und China nutzen zu können. Durch die vielen Wasserfälle war das aber nicht möglich. Um sie zu überbrücken, bauten sie eine Eisenbahntrasse von Don Det nach Don Khon, inklusive großer Verladerampen auf jeder Insel. Doch übrig sind nur noch zwei rostige Lokskelette und ein paar heruntergekommene Kolonialbauten.
Historische Aufnahme der Eisenbahntrasse Relikt aus der französischen Kolonialzeit Historische Aufnahme eines Schiffstransports
Eine Bootsfahrt, die ist lustig…
Da der Mekong traumhaft schön ist, haben wir uns auch dieses Mal dazu entschieden, eine Bootstour zu machen. Nur erfahrene Kapitäne trauen sich, die Strecke zum Khonephapheng Wasserfall, an der Grenze zu Kambodischa, zu fahren. Es ist der größte Wasserfall Südostasiens und obgleich Trockenzeit ist, ist er wirklich beeindruckend.
Nur Isaiah fand den Ausflug nicht ganz so schön. Er kann seine Rettungsweste nicht leiden, da sie ihn beim Sitzen bis zur Nase reicht und dann alles doof ist. Nicht mal Essen hat da helfen können. Dafür durfte er im Anschluss extra lange einer seiner Lieblingsbeschäftigung hier nachgehen: herumlaufen (lassen) und dabei Hühner bestaunen.